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Forschungsagenda Barrierefreiheit

Prof. Dr. Monika Maria Möhring hat im März 2021 als geschäftsführende Direktorin die Leitung des BliZ Blindenzentrums der Technischen Hochschule Mittelhessen übernommen. 

Folgen Sie dem Team des Blindenzentrums BliZ an der THM auf Twitter                 @THM_BliZ

Ein blinder Mann mit Kopfhörern sitzt in einer Bibliothek vor einem Computer und liest ein Buch in Brailleschrift.

Was tut das BliZ

Das Blindenzentrum der Technischen Hochschule Mittelhessen ist eine jahrzehntelang etablierte, in Deutschland einmalige, Einrichtung. In ihr werden barrierefreie Studienmöglichkeiten für Blinde und Sehbehinderte geschaffen sowie Forschungs- und Kooperationsprojekte durchgeführt.

Erfahrene Mitarbeiter

Die derzeit 11 Mitarbeiter des BliZ verfügen über eine langjährige Erfahrung darin, Studieninteressierte mit Sehbehinderung zu beraten, welche Studienrichtung an der THM für sie geeignet wäre und welche beruflichen Perspektiven sich damit bieten. Es werden Schnupperkurse angeboten und passende Wohnmöglichkeiten gesucht. Während des Studiums werden von der THM für jeden blinden und seheingeschränkten Studierenden eine Vielzahl von technischen und organisatorischen Hilfsmitteln zur Verfügung gestellt. Die BliZ-Mitarbeiter bereiten unter anderem Materialien barrierefrei auf und gestalten die Prüfungssituation behindertengerecht und individuell. Hierbei arbeitet das BliZ besonders eng mit den Dozenten der einzelnen Fächer zusammen, so dass sichergestellt wird, dass das Studium sich bezüglich Inhalten und Lernerfahrung nicht von dem der übrigen Studierenden unterscheidet. Ein barrierefreies Angebot im preisgekrönten Hochschulsport ermöglicht nicht zuletzt in Corona-Zeiten auf für Seheingeschränkte Ausgleich und Spaß. Schließlich gehört auch die Vermittlung von Praktikumsplätzen und die Hilfe bei der Arbeitssuche nach erfolgreichem Abschluss zu den Dienstleistungen des BliZ Teams. 

 

Erfolgreiche Absolventen

Eine Vielzahl von sehbehinderten Absolventen der THM, die nach einem Studium mit Hilfe des BliZ anspruchsvolle Positionen bekleiden, zeugt von der Erfolgsbilanz des Zentrums und dem Engagement seiner Mitarbeiter. Zu diesen Absolventen zählt auch der stellvertretende Direktor des BliZ, Andreas Deitmer, der als blinder Master-Absolvent der THM mögliche Barrieren für Studierende mit einer Seheinschränkung kennt und gemeinsam mit dem gesamten Team des BliZ die Hochschule bei deren Beseitigung berät und unterstützt. 

 

Anstehende Projekte

Das BliZ befasst sich in erster Linie mit der Information, Betreuung und Beratung blinder und seheingeschränkter Studierender der THM. Gleichzeitig arbeitet das Zentrum mit vielen administrativen Bereichen der Hochschule zusammen, von der Studienberatung und dem Prüfungsamt, der IT und dem Gebäudemanagement bis hin zum Zekoll Zentrum für kooperatives Lehren und Lernen und dem Hochschulsport.

 

Blinde und seheingeschränkte Studierende für die THM gewinnen

Abitur abgeschlossen und dann? Ein Studium soll es sein? Schüler der Abschlussklassen wissen oft schon, welche Fächer für sie in Frage kommen, sind aber angesichts der Unübersichtlichkeit der Angebote unsicher. Die Ausstattung der Hochschule, Vertiefungen des gewünschten Fachs, Freizeitangebote im Umfeld sowie Wohnangebote bilden wichtige Entscheidungskriterien. In den vergangenen Jahren haben sich die Ansprüche von Studienwilligen dabei geändert. Jetzt spielen gerade in technischen, wirtschaftlichen und naturwissenschaftlichen Studiengängen die Durchlässigkeit des Studiums, zum Beispiel für einen Studienortwechsel, die Einbindung von Industrieunternehmen in Praktika und Abschlussarbeiten sowie die Beschäftigungsperspektive eine große Rolle. An einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften wie der THM werden diese Kriterien in besonders großem Maße erfüllt, wovon die ständig stark ansteigenden Studierendenzahlen zeugen.

 

Für blinde und stark sehbehinderte Abiturienten stellen sich die Unterschiede zwischen Hochschulen noch stärker dar. Ist die Ausstattung barrierefrei? Welche technischen Hilfsmittel stehen in Labors und Bibliotheken zur Verfügung? Welche Erfahrung gibt es mit der Aufbereitung der Studieninhalte des gewünschten Fachs für ihre speziellen Bedürfnisse? Wie selbstverständlich werden Prüfungen für Blinde und Seheingeschränkte organisiert? Gibt es einen festen Ansprechpartner, der mich durch das ganze Studium begleitt?  

Aber auch das alltägliche Umfeld ist von großer Bedeutung. Wie leicht kann eine gut erreichbare passende Wohnung gefunden werden? Verspricht die Freizeit Spaß zu machen und zu entspannen? 

Schließlich gilt es für Studierende mit Sehbehinderung und Blindheit die berufliche Perspektive früh zu planen. In einigen Fachgebieten spielt die Behinderung eine geringere Rolle als in anderen. Hier ist es wichtig, auf die Erfahrung von den Beratern an der Hochschule zurückgreifen zu können.

Durch den so genannten Bologna-Prozess, in dem jedem Fach Kreditpunkte „Credit Points“ vergeben werden, die europaweit zum Weiterstudium genutzt werden können, hat sich die Durchlässigkeit zwischen Studiengängen und Studienorten stark erhöht. Gleichzeitig sind die vermittelten Inhalte starrer, unflexibler geworden. Für blinde und sehbehinderte Studierende heißt das, dass alternative Angebote, die ihnen von den Dozenten früher gemacht werden konnte, nun kaum mehr möglich sind. Entsprechend müssen technologische und soziale Hilfestellungen das Erfüllen der Studieninhalte auch für diese Studierendengruppe ermöglichen. Letztlich mit dem Vorteil eines absolut gleichwertigen Abschlusses.

 

Dokumente noch zugänglicher machen

Die Aufbereitung von Lehrbüchern, Skripten und Laboranleitungen nimmt einen großen Teil in der täglichen Arbeit des BliZ ein. Der Trend zur Digitalisierung von Büchern vereinfacht vieles, jedoch wird nur einfacher Text in neueren Dokumenten wirklich nahtlos in Audio oder Braille übersetzt. Schon Tabellen, die eine gewisse Aussage treffen sollen, werden im wahrsten Sinne des Wortes unübersichtlich. Komplexere Grafiken werden auch durch so genannte taktile Tafeln, die mit Hoch-Tief-Reliefs arbeiten, nicht ausreichend darstellbar. Solche Inhalte müssen nach wie vor beschreibend oder vereinfachend aufbereitet werden. Dies dauert oft ein Vielfaches länger als die eigentliche Vorlesung, die diesen Stoff vermitteln soll, so dass der personelle Aufwand für die Inklusion der sehbehinderten Studierenden oft beträchtlich ist.

Das BliZ hat sich die Bewusstseinsbildung für barrierefreie Lehrmaterialien auf die Fahne geschrieben. Eine Zusammenarbeit mit Verlagen wie bereits in der Vergangenheit soll künftig intensiviert und als Projekt für einzelne Studienfächer vorangetrieben werden. Wenn die Kapazitäten des BliZ es zulassen, wäre auch eine barrierefreie Aufbereitung von Schulbüchern nötig, da immer mehr sehbehinderte Schüler in Regelschulen inkludiert werden und deren Lehrmaterialien benutzen müssen.

Ein Service, den das BliZ sowohl Behörden als auch Unternehmen anbietet, ist der Barrierefreiheits-Test für Webseiten. Hier werden die Kriterien der weltweiten Internet-Barrierefreiheits-Initiative angesetzt und auch Checks mit blinden und sehbehinderten Probanden vorgenommen. Solche Tests sind mittlerweile Pflicht für behördliche Internetauftritte und werden bei größeren Änderungen der Inhalte immer wieder von neuem nötig.

Technologische Innovationen für selbstständige Blinde entwickeln

Es existieren vielzählige weltweite Forschungs- und Entwicklungsinitiativen für die Nutzung modernster Technologien zur Hilfestellung für Blinde und Sehbehinderte. Gerade die so genannte „Industrie 4.0“ bietet unterschiedlichste neue Möglichkeiten zur digitalen Assistenz. Erforscht werden zum Beispiel Lichtsysteme mit Sensoren an Kleidung und Brillen, akustische Signalgebung wie an Straßenbahnhaltestellen sowie taktile Leitsysteme mit modernen, ästhetischen Baustoffen. Fokus liegt zum einen auf der Inklusion von Blinden und Akzeptanz bei Bauherrn und Behörden, zum anderen aber auch auf der Erschwinglichkeit, zum Beispiel für die Dritte Welt. 

So hat das BliZ gerade zusammen mit dem Fachbereich „Bau“ der THM ein Projekt zur Wegführung in Parks und Fußgängerzonen per Mikrochips im Boden und Sensor im Blindenstock durchgeführt. Solche Mikrochips werden zum Beispiel in der Lagerlogistik verwendet, wo sie autonom agierenden Gabelstaplern anzeigen, welche Paletten sie aus den Regalen holen sollen. Die Signale aus den Gehwegplatten werden im Smartphone verarbeitet und per Sprachbefehl als Navigationsanweisung an Kopfhörer weitergegeben. Solche Systeme sind sehr günstig zu entwickeln und einzubauen und sollen in der nächsten Projektphase auch für den Innenraum erprobt werden. 

Die Rolle des BliZ in der Erforschung und Erprobung neuer Technologien ist dabei vielseitig: die Mitarbeiter verfügen große technische Expertise und haben zum Großteil eine IT-Ausbildung oder gar ein Informatikstudium abgeschlossen. Mehrere davon sind selbst blind oder stark seheingeschränkt. Sie können also die Bedeutung der neuen Technologien beurteilen und zugleich die Verbindung zu ihren eigenen Bedürfnissen für Barrierefreiheit herstellen.

Die Studierenden im BliZ werden, sofern sie dies möchten, in laufende Projekte eingebunden und leisten somit technologische und soziale Pionierarbeit. So können im BliZ Laborsituationen nachgebaut und realitätsnahe Nutzertests durchgeführt werden. Dieser Service wird auch für andere Forschungsprojekte angeboten und erfolgt nach strengen wissenschaftlichen Standards.

Fazit

Die Inklusion von Behinderten in Schulen, Ausbildung, Studium und die Integration in das öffentliche Leben bildet eine wichtige Aufgabe für unsere moderne Gesellschaft. Dienstleistungen für blinde und sehbehinderte Studierende bilden gerade in Zeiten von Fachkräftemangel einen zentralen Baustein für Hochschulen. Aufgrund der großen personellen Expertise sowie des Anspruchs, zentraler Ansprechpartner für Forschung und Beratung zur Barrierefreiheit zu sein, kann das BliZ Blindenzentrum der Technischen Hochschule Mittelhessen hier einen ganz wesentlichen Beitrag leisten. 

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